Jugendliche in Deutschland leben nach wie vor in unterschiedlichen Lebenswelten, aber sie rücken in mehrfacher Hinsicht zusammen. Die meisten der 14- bis 17-Jährigen möchten sein wie alle. Die auf Abgrenzung und Provokation zielenden großen Jugend-Subkulturen gibt es kaum noch. Dies ist ein Ergebnis der aktuellen Studie des SINUS-Instituts „Wie ticken Jugendliche 2016?“.
Dabei ist das Wort „Mainstream“ für die meisten der 72 in Tiefeninterviews befragten Jugendlichen ein Schlüsselbegriff im Selbstverständnis und bei der Selbstbeschreibung. Mehr noch als wenige Jahren zuvor wollen viele Jugendliche so sein „wie alle“. Ein mehrheitlich gemeinsamer Wertekanon vor allem aus sozialen Werten deutet auf eine gewachsene Sehnsucht nach Aufgehoben- und Akzeptiertsein, Geborgenheit, Halt sowie Orientierung hin. Dem entsprechen auch ihre generelle Anpassungsbereitschaft und selbstverständliche Akzeptanz von Leistungsnormen und Sekundärtugenden. Dennoch werden je nach Lebenswelt in unterschiedlich starker Ausprägung weiterhin auch jugendtypische Werte wie der Wunsch nach Selbstentfaltung sowie hedonistische und postmoderne Werte betont.
Darüber hinaus ist sich die Mehrheit der befragten Jugendlichen einig, dass gerade in der heutigen Zeit ein gemeinsamer Wertekanon von Freiheit, Aufklärung, Toleranz und sozialen Werten gelten muss, weil nur er das „gute Leben“, das man in diesem Land hat, garantieren kann. Die Akzeptanz von Vielfalt besteht bei allen Jugendlichen unabhängig von ihrer sozialen und ethnischen Herkunft. Dabei wird vor allem religiöse Toleranz als wichtige soziale Norm hervorgehoben, auch wenn von einigen befragten 14- bis 17-Jährigen Ressentiments und ausgrenzende Haltungen gegenüber Menschen anderer nationaler Herkunft und sozialen Randgruppen geäußert werden.
Mit Blick auf den Umgang mit digitalen Medien und deren Rolle im Alltag der Jugendlichen ist die bislang als jugendtypisch eingeordnete, bedingungslose Faszination geschwunden. Jugendliche kennen die Risiken und möchten digitale Medien nicht nur nutzen, sondern auch verstehen. Deshalb wünschen sie sich von der Schule mehr Hilfestellungen, wie sie sich sicher und trotzdem frei im Netz bewegen können.
Die Studie „Wie ticken Jugendliche 2016?“ beschreibt auf Basis von qualitativen Tiefeninterviews Wertvorstellungen von 14- bis 17-Jähringen in Deutschland sowie ihre Einstellungen zu Themen wie digitale Medien und digitales Lernen, Mobilität, Nachhaltigkeit, Liebe und Partnerschaft, Glaube und Religion, Geschichtsbilder, Nation und nationale Identität sowie Flucht und Asyl. In Zitaten und kreativen Selbstzeugnissen kommen die Jugendlichen dabei selbst zu Wort. Auftraggeber der Studie sind die Arbeitsstelle für Jugendseelsorge der Deutschen Bischofskonferenz, der Bund der Deutschen Katholischen Jugend, die Bundeszentrale für politische Bildung, die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung und die Verband Deutscher Verkehrsunternehmen–Akademie.
Studie als frei verfügbare Open-Access-Veröffentlichung
Webseite der SINUS-Jugendstudie